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INSITE 2018

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FOOD J an Hartwig: Sehr

FOOD J an Hartwig: Sehr verehrter Herr Witzigmann, wenn ich eines vorwegnehmen darf, mir ist es sehr, sehr wichtig, dass Sie heute einen vergnüglichen Abend haben werden. Es ist mir eine Freude und eine Ehre, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind. Eckart Witzigmann: Und … wir werden sicherlich gut essen und uns auch gut unterhalten. InSite: Herr Witzigmann, was ist Ihnen spontan durch den Kopf geschossen, als Sie gehört haben, dass Jan Hartwig vor einigen Tagen den dritten Stern bekommen hat? EW: Ich muss ganz ehrlich sagen, ich war gar nicht so überrascht. Ich hatte aber nicht auf dem Schirm, dass er das in bereits in nur drei Jahren geschafft hat. Ich glaube, nur noch Joël Robuchon ist dies auch gelungen, bei mir hat das etwas länger gedauert. TWO TIMES THREE IIn 1994, after Eckart Witzigmann closed his Aubergine, Munich lost its only restaurant with three Michelin stars. In 2017 Jan Hartwig, chef de cuisine of the Hotel Bayerischer Hof’s Atelier, won the top Michelin award back for the Bavarian capital. InSite invited both chefs to a tour d’horizon through past, present and future. JH: It’s an honour to welcome you, esteemed Mr. Witzigmann, to an evening which, hopefully, will be to your satisfaction. EW: I’m pretty sure we’ll enjoy good food and conversation. InSite: Mr. Witzigmann, how did you react to the news a few days ago that Jan Hartwig had been awarded a third star? EW: I wasn’t at all surprised, colleagues had predicted it. I hadn’t realised it took him only three years, only equalled I think by speedy Robuchon. I was slower (laughs). JH: Though I hadn’t done anything particularly different between second and third star. Michelin’s man in Germany, Flinkenflügel by name, just repeated what he said the time before: “carry on the great work”. EW: Hear, (lacht) Aber man hat sich immer wieder im Kollegenkreis hochlobend über Jan geäußert, viele haben dies prognostiziert. JH: Obwohl ich eigentlich zwischen dem zweiten und dritten Stern eklatant nichts anders gemacht habe. Ich glaube auch nicht, dass dies das Richtige gewesen wäre. Herr Flinkenflügel, Chef des deutschen Guide Michelin, hat zu mir beim dritten Stern das Gleiche gesagt, wie, als ich den zweiten erhalten habe: „Machen Sie einfach so weiter, Sie sind auf einem super Weg.“ EW: Was ich nur bestätigen kann … JH: Sicherlich versucht man, sein Profil zu schärfen, versucht fokussierter zu arbeiten, man entwickelt sich und vertieft dabei sein Können. Ich möchte jeden Tag lernen. EW: Die Drei-Sterne-Welt ist für Jan ja nicht so neu. Schließlich war er bei Sven Elverfeld, Klaus Erfort und Christian Jürgens – drei mal Drei. InSite: Herr Witzigmann, Sie sagten einmal in einem Interview, bei den Gebrüdern Haeberlin und bei Paul Bocuse haben Sie gelernt, worauf es wirklich ankommt. EW: Bei beiden wurde mir vermittelt, dass das Produkt das Wichtigste in der Küche ist. Ohne Bewußtsein für gute Qualität, Liebe zum Detail und für die Ernsthaftigkeit bei der Arbeit ist auch der ambitionierteste Koch zu nichts fähig – und natürlich darf die Gastfreundschaft nicht vergessen werden. Sicherlich einer der Höhepunkte in Jan Hartwigs Karriere: Der Besuch von Eckart Witzigmann im Atelier, seiner Wirkungsstätte Die ersten Amuse-Bouche werden serviert: ein Profiterole mit Kräutercreme und gebeizter Makrele, ein Passionsfruchtbaisser mit Rauchfischmousse, Staudensellerie und Felchenkaviar, sowie Erdartischocke (Topinambur), rote Zwiebel und kandierter Orangenschale in knusprigem Frühlingsrollenteig. JH: Ein kleines kulinarisches Statement zum Anfang, wobei man sich da aber auch zurücknehmen muss. Ich hatte einmal, ganz am Anfang meiner Zeit hier im Atelier, den Fehler gemacht, ein Falafel zum Auftakt zu servieren, richtig kräftig, zu kräftig. Das wurde mir auch seitens des Guide Michelins mitgeteilt, ich finde es gut, dass solche Hinweise erfolgen. EK: Sie sind im Dialog mit dem Guide? JH: Die Möglichkeit gibt es, Herr Flinkenflügel bietet an, sich die Dossiers gerne persönlich anzusehen, um Einblick in die Testberichte zu nehmen. Hatte ich nach dem zweiten Stern gemacht, werde ich jetzt auch wahrnehmen. Ich möchte wissen, wie kongruent meine mit deren Ansichten sind. Schließlich will ich mich weiterentwickeln, möchte morgen besser sein als gestern. EW: Das ist die richtige Einstellung. Die drei Sterne zu bekommen ist eine Sache, ab jetzt gilt es, diese auch zu behalten. INSITE 2018

Da werden Kindheitserinnerungen wach: Spinat und Ei, geadelt duch feinsten Alba-Trüffel InSite: Und das jenseits jeglicher Modeerscheinungen EW: Apropos, ich muss bemerken, dass es (leider) heute den Trend gibt, dass vieles nur lauwarm auf die Teller kommt. JH: Liegt mit Sicherheit an der Konzeption, ein Teller, der mit 40 Handgriffen angerichtet wird, ist logistisch gar nicht anders machbar. Ich bin auch kein Freund davon, aber wenn das bei acht von zehn Gängen passiert, vermisse ich da in der Tat etwas – etwas Wärmendes. EW: Besonders die skandinavische Küche ist dafür anfällig. JH: Wenn ich kurz unterbrechen darf, der nächste Gang, wenn wir schon beim Thema sind, sollte bitte heiß genossen werden. Aufgetragen wird ein Kalbsherz auf Kapernschaum mit Perlgraupen, gepickelten Perlzwiebeln, Edamame- Boh nen und Gemüse-Brunoise in einer Champagner- Velouté mit Pommerysenf. EW: Das klingt gut, für mich das erste Mal, dass ich so eine Kombination esse, Herz mit Graupen. Man muss eben eine eigene Handschrift haben, diese kann man hier klar erkennen. JH: Ein Gericht aus dem aktuellen Menü, der Jahreszeit entsprechend, deftig und doch elegant. Kalbsherz ist für mich einfach ein ganz wunderbares Produkt. EW: Wie man sieht, einen subtilen Geschmack kann man sich nicht antrainieren, den muss man haben, das ist eine Gabe. Zwar ist es heute durchaus ein Trend, internationale Stile zu fusionieren … JH: … was aber schnell zu Lasten der Klarheit gehen kann. Generell mache ich mich gerne von regionalen Grenzen frei, die Welt hat soviel tolle Produkte, warum sollte ich beispielsweise auf eine Sojasauce verzichten? EW: Heimat und Region, alles wunderbar und schön, aber man sollte das Korsett nicht zu eng schnüren. Das hier ist ein wunderbarer Einstieg, es ist einfach hear. Jan’s no stranger to the three-star world. After all he had Sven Elverfeld, Klaus Erfort and Christian Jürgens as mentors: three times three. InSite: Mr. Witzigmann, you once said that brothers Haeberlin and Paul Bocuse taught you cooking’s nitty-gritty. EW: I learnt the essentials from them: the all-important product, an eye for detail, diligence and the skill to be a caring host. – The hors d’oeuvres are served: profiterole with herbal crème and pickled mackerel, a passion fruit meringue with smoked fish mousse, narrow-leaved celery with caviar, as well as artichoke à la Topinambur, red onions and candied orange peel in crisp spring roll dough – JH: A brief culinary statement for starters. Nothing too hefty – like the falafel I once served as Atelier newcomer. That mistake was pointed out to me by the Guide Michelin. EW: Do you keep in touch with the Michelin people? JH: Mr. Flinkenflügel let me have a look at my test file after the second star. I’ll use the opportunity this time too. It shows me to what extent their view and mine tally. EW: What counts is keeping those three stars. EW: One of today’s new trends seems to be serving food lukewarm. JH: That’s probably because a dish in the making is handled some forty times. My cue: the next dish should be eaten nice and hot. – Veal heart on caper foam is served, with pearl barley, pickled pearl onions, Edamame beans, and vegetable brunoise wichtig, ein Menü dramaturgisch aufzubauen, dieser Gang macht neugierig. Wunderschön. JH: Danke. InSite: Es fällt auf, das einst klassisch exklusive Produkte, wie französische Foie gras, Kaviar oder Hummer immer mehr von den Karten der internationalen Spitzenrestaurants verschwinden, dafür findet sich zunehmend eher Unbekanntes auf den Tellern, wie das Kalbsherz hier, oder ein Nierenzapfen, krosser Schweinebauch etc. EW: Ich habe das schon 1970 im Tantris gemacht, und in der Aubergine mit drei Sternen habe ich Schelte und Kritik dafür bekommen, aber von den Gästen auch Lob. Nose to Tail, wie das heute heißt, ist und war für mich nie neu. JH: Ich begrüße diese Rückbesinnung sehr, ein Steinbutt mag großartig sein, eine Makrele oder eine Sardine aber eben auch. Generell: Einfache Produkte gibt es nicht, nur gute oder schlechte. Als nächster Gang wird eine Demeter-Ei serviert, mit Alba-Trüffel, kross gebratener Hendlhaut, Lardo di Colonnata, Spinat und einer Fontina-Creme. EW: Herrlich. Da werden Erinnerungen wach – anfangs der 1980er mein Klassiker. Es freut mich, dass dieses Gericht immer noch auf den Karten zu finden ist und von meinen Kollegen modifiziert wird, einmal gebackenes Ei, ein anderes Mal pochiertes Ei oder wie hier bei Herrn Hartwig jetzt, mit Trüffel. JH: Ei, Spinat, so kennt man es von zu Hause, ein Leibgericht meiner Jugend, der Trüffel adelt diesen Gang lediglich. EW: Wunderbar, das hier könnte eines meiner Leibgerichte werden! JH: Ich bin der Meinung, ich kann nur Dinge kochen, die mir auch selber gut schmecken, sonst könnte ich es nicht mit Liebe zubereiten, könnte ansonsten nicht dahinterstehen. 2018 INSITE

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